Ein unschein­barer Tag, der 24. März 2020. Es war Lockdown und Kurz­ar­beit in Folge von Corona. Es war der Tag, an dem ich begann, WinIBIS zu ent­wickeln. Die Ursprünge reichen aber noch viel weiter zurück. Sehr viel weiter…

Die Anfänge nahmen ihren Lauf irgend­wann in den 1990er Jahren: Damals, als das Dresdner Stra­ßen­bahn­mu­seum die Grün­dungs­phase erst kürzlich hinter sich gebracht hatte und noch im damaligen Betriebshof Coswig unter­ge­bracht war. Der Betriebshof war auch damals schon ziemlich herunter gekom­menen.

Als das Museum im Jahre 1994 zum Tag der offenen Tür einlud, stand für mich – damals auch noch im Kin­des­alter – fest, unbedingt daran teil­nehmen zu wollen. Muse­ums­stim­mung wollte auf dem Gelände nicht aufkommen. Immerhin, ein Schild mit dem Logo des Museums zeugte davon, daß man die Aus­stel­lung nicht will­kür­lich in Coswig prä­sen­tierte. Als Museum konnte man die Aus­stel­lung trotzdem nicht einordnen. Aber das war für die meisten Besucher Neben­sache. Es gab eine Menge alter Stra­ßen­bahnen zu bestaunen.

Das Foto zeigt den Kleinen Kran, dessen Lebens­lauf bis ins Jahr 1925 zurück reicht. Im Hin­ter­grund ist das Logo des Stra­ßen­bahn­mu­seums zu erkennen. Der Arbeits­trieb­wagen steht inzwi­schen vor Wind und Wetter unge­schützt im Btf. Reick als “Denkmal” abge­stellt. Eigent­lich hat das betagte Fahrzeug Besseres verdient. Aber um die Aus­stel­lung soll es hier gar nicht gehen…

Das Bleibende in meiner Erin­ne­rung ist die Fahrt zurück nach Hause. Es war die Zeit, als erste moder­ni­sierte Tatra-Züge unterwegs waren und mit solch einem trat ich die Heimreise an. Ich nahm – wie üblich – in der Drei­er­gruppe, direkt an der ersten Tür, Platz. In ruhigen Momenten nahm ich immer wieder eine ziemlich unge­wöhn­liche, leise Geräusch­ku­lisse war. Ohne damals zu wissen, was es damit auf sich hat, beruhigte mich das immer wie­der­keh­rende, leise ratternde Geräusch auf eine seltsame Art.

Irgend­wann wurde es mir dann doch klar. Dieses seltsame Geräusch haben die neuen elek­tro­ni­schen Ziel­an­zeigen ver­ur­sacht. Jene, die meinem Hobby, Lini­en­schilder zu sammeln, nahezu ein Ende setzen werden. Trotzdem wuchs der Wunsch, diese Anzeigen irgend­wann mal auch Zuhause haben zu wollen. Für die damalige Zeit war der Wunsch derart uner­reichbar, daß ich ihn für einige Jahre außer Acht lies. Es gab ja auch noch Lini­en­schilder zu sammeln…

Jahre später…

Es vergingen Jahre, inzwi­schen habe ich die Schule hinter mir gelassen und meine erste Berufs­aus­bil­dung begonnen. Mit dem neuen Einkommen ent­standen neue auch neue Wünsche, schließ­lich überlegt man sich, wofür man das schwer verdiente Geld ausgeben könnte. Und so schaffte es ein alter Wunsch auch wieder zurück in mein Bewußt­sein: Wie wäre es mit so einer Anzeige? Gute Idee! Ich kon­tak­tierte den Her­steller der Ziel­an­zeigen. Dieser hätte im Wesent­li­chen kein Problem damit, über­schüs­sige Anzeigen abzugeben, aller­dings verwies er darauf, daß ich ein Steu­er­gerät zum Betrieb der Anzeigen bräuchte. Bei den Ver­kehrs­be­trieben hieß es dann – ver­ständ­li­cher Weise – daß man solche Geräte nicht her­aus­geben kann. Ich versuchte es aller paar Jahre erneut mit unver­än­derten Ergeb­nissen. Und wieder rückte der Wunsch wieder in den Hin­ter­grund.

Weitere Jahre vergingen. Stadt­bahnen prägen immer mehr das Stadtbild und Tatra-Wagen werden immer mehr aus­ran­giert. Als eines Tages das Stra­ßen­bahn­mu­seum öffnete, ging ich bewußt nicht hin. “Es gibt ja doch nichts neues”, war meine nie­der­schmet­ternde Schluß­fol­ge­rung, denn inzwi­schen waren auch die sel­te­neren Lini­en­schilder längst aus­ver­kauft, die meine Sammlung hätten berei­chern können. Dieser Entschluß sollte sich als der wohl fatalste her­aus­stellen, als ich dann rou­ti­ne­mäßig beim nächsten Öff­nungs­termin wieder anwesend war. Im Bereich des Sou­ve­ni­er­ver­kaufs hing eine für mich neue Preis­liste. Darauf standen Hal­te­stel­len­an­zeigen, Außen­an­zeigen und Steu­er­ge­räte im absolut niedrigen Preis­seg­ment. Also fragte ich nach… Die Steu­er­ge­räte waren natürlich längst aus­ver­kauft, ein paar Anzeigen gab es noch. Der Tag war gelaufen! Fru­striert ging ich wieder nach Hause, zumindest mit einer Ziel­an­zeige in den Armen, die ich am Ende ja doch nicht in Betrieb nehmen könnte.

Nach der Ent­täu­schung rutschte der Wunsch erneut in den Hin­ter­grund. Eine uner­war­tete Wendung trat durch meinen Freun­des­kreis ein. Auf meine eher beiläufig erwähnte Ent­täu­schung im Stra­ßen­bahn­mu­seum wurde mir schließ­lich leihweise von einem Bekannten ein Steu­er­gerät angeboten. Und siehe da, die Ziel­an­zeige können ein zweites Leben geschenkt bekommen.

Fahrt auf den Schrott­haufen

So titelte die Säch­si­sche Zeitung am 13.03.2013. Im Teaser hieß es: “Fans der Wagen nahmen Abschied – und Teile mit”. Genau so war es! Wort­wört­lich!

Beim genauen Hinschauen wird es deutlich: Es fehlen (nicht nur) die Zielanzeigen.
Beim genauen Hin­schauen wird es deutlich: Es fehlen (nicht nur) die Ziel­an­zeigen.

An vier Tagen wurden auf dem ehe­ma­ligen Gelände des Betriebs­hofs Tolkewitz – dem jetzigen Schul­campus Tolkewitz – ein Großteil der aus­ge­mu­sterten Fahrzeuge ver­schrottet. Ihr Zustand war derart schlecht, daß sie auch nicht mehr weiter verkauft werden konnten.

Allein schon um die Zerlegung der Stra­ßen­bahnen zu doku­men­tieren, waren zahl­reiche Begei­sterte anwesend. Zahl­reiche Autos fuhren deutlich langsamer am Areal vorbei, um die Ver­schrot­tung zu beob­achten. Ja, auch Stra­ßen­bahner konnten es sich nicht ver­kneifen, kurz anzu­halten, ein Foto zu schießen um unmit­telbar danach wieder auf ihrer Linie weiter zu fahren… Aber nicht nur Fotos standen auf der Wunsch­liste mancher Anwe­senden. Mit gut aus­ge­stat­teten Werkzeug hofften sie auf die Freigabe, noch das ein oder andere Souvenier aus den Wagen ausbauen zu können.

Die ausgebauten Teile paßten kaum in den Kofferraum

Wir bekamen die Erlaubnis und die Bahnen mußten teilweise eine größere Zerlegung über sich ergehen lassen, bevor sie endgültig zerlegt wurden. Sitze, Lampen, Ziel­an­zeigen… Alles, was in irgend­einer Form in so manchem Hob­by­keller nicht fehlen darf, wurde ausgebaut.

Für mich per­sön­lich konnten die Tage nicht besser laufen. Es gelang mir, weitere Anzeigen aus­zu­bauen, sodaß ich einen kom­pletten Satz mein Eigen nennen darf. Und in einem der Wagen war sogar noch ein Modul für die Hal­te­stellen-Ansa­gen­gerät verbaut. Voll­treffer!

Und so kam es, daß ich mir doch noch einen Traum erfüllen konnte, den ich einst für unmöglich hielt.

Mit den Ziel­an­zeigen begann die nächste Her­aus­for­de­rung

Die gesammte Sammlung umfaßt nun mehr einen kom­pletten Satz Tatra-Ziel­an­zeigen, samt Hal­te­stel­len­an­zeige, ein Hal­te­stellen-Ansa­gen­gerät und ein passendes Steu­er­gerät… Der Wunsch aus meinen Kind­heits­jahren mehr als erfüllt. Das Ganze muß nun nur noch verkabelt und ange­schlossen werden. Mit etwas fach­män­ni­scher Unter­stüt­zung war das auch gar kein so großes Problem. Die Technik funk­tio­niert, ich war – und bin es immer noch – begei­stert!

Mit der Zeit wurde das aber etwas eintönig und die Frage kam auf, ob man mit den Ziel­an­zeigen nicht noch mehr anstellen könnte; zumindest die Uhrzeit sollte doch irgendwie dar­stellbar sein. Nach etwas Recherche wurde klar, daß die Anzeigen auch von PC aus ange­steuert werden können. Ohne den Grenzen des Steu­er­ge­räts würden sich ganz andere Mög­lich­keiten offen­baren. So stieß ich auf das IBIS-Wagenbus Utility von Cybox, welches schon damals keine Updates mehr erfuhr, dafür aber trotzdem rei­bungslos funk­tio­nierte. Die Uhrzeit anzeigen zu lassen, war damit auch möglich. Aber so ganz gefiel mir die Umsetzung dann auch nicht, da nur ein bestimmtes Format vor­ge­geben war.

Versuche, Cybox’ Utility quasi per Fern­steue­rung mit den Inhalten zu versorgen, die ich gern hätte, waren schnell so aufwendig geworden, daß der logische nächste Schritt auf der Hand lag: Eine eigene Software zu schreiben, welche die Anzeigen mit Daten versorgt. Der Grund­stein für WinIBIS war damit gelegt. Nach einigen Über­le­gungen und mit genügend Freizeit, welche die Kurz­ar­beit mit sich brachte, begann ich die erste Umsetzung. Monate vergingen, bis im Herbst schließ­lich erste vor­zeig­bare Resultate vorlagen. Nachdem während der Testphase noch eine Menge angepaßt wurde, habe ich schließ­lich WinIBIS am 1. Januar 2021 offiziell zum Download frei­ge­geben.

Auch wenn derzeit kaum Zeit übrig ist, um mich WinIBIS zu widmen, wird es definitiv weiter gehen. Ideen für den weiteren Ausbau, inkl. einer voll­stän­digen Über­ar­bei­tung der Anwendung, habe ich genügend. Einiges an Feedback und Wünsche habe ich ebenso erhalten. Vielen Dank hierfür!

Man darf also gespannt sein, was in nächsten 2 Jahren so alles geschehen wird…

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